Wenn ich irgendwo nach meinem Namen gefragt werde, kommt immer gleich die zweite Frage: „Mit s? Oder w? Mit oder ohne tz? Wie? Was?“ Und ich kann den Namen buchstabieren oder selbst hinschreiben, bei der nächsten Gelegenheit wird er wieder von irgendjemandem falsch geschrieben. Oder die Sekretärin findet ihn nicht im Computer, weil sie Probleme mit dem Alphabet hat.
Nahezu jeder in unserer großen Familie hat schon erlebt, dass es Schwierigkeiten mit diesem Namen gibt. Bemerkenswert ist auch, dass einige in unserer Familie sich tatsächlich anders schreiben, z.B. die Nachkommen von Albert Wenzlaff (Roseau, Minnesota) schreiben sich Wensloff. Folgende Schreibweisen gibt es aber auch: Wenzloff, Wenzlaw, Wenzlaf, Wentzlaff, Wentzlow, Winslow und sicher noch etliche, die ähnlich klingen.
Aber nichts desto trotz hat jeder seinen Namen von Geburt an, bekommt ihn verpasst, ohne gefragt zu werden, und muss damit leben, ob er will oder nicht. Und das ist auch gut so.
Es gibt viele Spekulationen über die Herkunft und die Bedeutung des Namen Wenzlaff. Eine Reihe von Namen in Deutschland endet mit der Silbe „-laff“, z. B. Tetzlaff, Ratzlaff, usw. Ähnliche Endungen findet man mit -loff, -low, -law. Auch im slawischen Sprachraum sind die klanglich verwandten Formen stark vertreten. In der Namensforschung wird angenommen, dass es sich hier um Bezeichnungen für einen Sohn oder einen Verwandten eines bestimmten (bekannten) Menschen handelt. Demnach könnte man Wenzlaff sinngemäß mit Sohn eines Wenden oder auch ein Mann der Wenden übersetzen.
Ich hab mal in den Büchern gewälzt und einige interessante Zusammenhänge gefunden.
Duden:
auf die eindeutschende Schreibung eines mit den urslawischen Namenwörtern „vętje“ (mehr) und „slava“ (Ruhm, Ehre) gebildeten Rufnamens (nsorb. Wĕcsław, poln. Więcław, Wacław, alttschech. Venceslav, tschech. Václav) zurückgehender Familienname.
(Duden: Familiennamen – Herkunft und Bedeutung. Von Rosa Kohlheim und Volker Kohlheim. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag 2000.)
Brockhaus Enzyklopädie:
Wenzeslaus:
Wenzeslaus bzw. Wenzel ist die lateinische Form von alttschechisch Venceslav (tschechisch Václav, russisch Wjatscheslaw), eigentlich etwa „mehr Ruhm“, vergleiche altrussisch vjace „mehr“ und slava „Ruhm“,
männlicher Vorname
Brockhaus Enzyklopädie:
Wenden:
Sammelbezeichnung für alle in Mittel- und Ostdeutschland und in den Ostalpenländern ansässigen Slawen, frühere Bezeichnung für die Sorben.
Die Entstehung des Namens und seine sprachliche und geschichtliche Anknüpfung an den indogermanischen (aber nicht slawischen) Stamm der Veneter oder an die Wandalen oder an germanisch weni (Freund) sind nicht gesichert.
Tacitus „Germanien und seine Stämme“ geschrieben 96 v. Chr.:
Vielleicht ist die erste Silbe Wenz verwandt mit den Venedi, die bei Tacitus, dem römischen Historiker, erwähnt werden. Die Vermutung für diese Verwandtschaft gründet nur auf der ähnlichen Aussprache der beiden Wörter. Die Venedi lebten laut Tacitus im Nordosten Germaniens. Sie hatten befestigte Siedlungen, trugen Schilde und waren „gut zu Fuß“. Gemeint sind an dieser Stelle offensichtlich die auch als Veneter bezeichneten Stämme. Hier besteht übrigens kein Zusammenhang zu Venetien bzw. Venedig.
Interessant aber die klangliche Ähnlichkeit zu Vineta, der versunkenen Stadt im Ostseeraum.
Harpers Latein- Lexikon:
Hier werden die Veneter mit den „modernen“ Wenden identifiziert, die ihre Siedlungen in Norddeutschland nahe der Ostseeküste hatten (frühes Mittelalter). In der Hanse wurden die mit Lübeck eng verbündeten Städte Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Hamburg und Lüneburg als Wendische Städte bezeichnet, die das Wendische Drittel (1347), später das Wendische Viertel der Hanse bildeten.
Wendland oder Vendland ist ein früherer Name für die meisten Gebiete, die heute in Mecklenburg, Vorpommern und Pommern liegen.
Als Wendland bezeichnet man noch heute eine Landschaft in Niedersachsen (Hannoversches Wendland).
Theodore Charles Wenzlaff „The life of Johann Christian Wenzlaff 1827-1894“ Henderson, Nebraska 1936:
Als Ergebnis der schwedischen Eroberungen in den norddeutschen Gebieten in Kriegen des 16. und 17. Jahrhunderts verkünden schwedische Könige sich als Teil ihres Titels als „König der Wends“.
Th. C. Wenzlaff gibt an, dass er diese Informationen aus dem Buch seines Onkels Gustav Gottlieb Wenzlaff „Ein Sohn der Kolonie der Vergessenen“ (Los Angeles, 1937) entnommen hat. Ich habe allerdings bisher noch keine Bestätigung dafür gefunden.
Die Böhmischen Wenzel:
Der Name Wenzel ist die Kurzform von Wenzelslaus und das wiederum die eingedeutschte Form des slawischen Namens Václav.
Der erste Wenzel, der Heilige Wenzel, Herzog von Böhmen (Přemysl) lebte von 903/8 bis 928/35 und mit ihm beginnen die böhmischen Wenzel. Schon kurz nach seinem gewaltsamen Tod wurde er als Nationalheiliger verehrt und der Vorname zu einer Tradition im böhmischen Königshaus.
Drei Jahrhunderte später regierte von 1230-1253 Wenzel I als König von Böhmen, von 1278-1305 dann dessen Enkel Wenzel II. Dessen Sohn Wenzel III wurde 1305 böhmischer und polnischer König, ungarischer war er schon zuvor. Mit seiner Ermordung in Olmütz im folgenden Jahr waren dann die männlichen Přemysliden ausgestorben.
Die Přemysliden waren ein eindeutig slawisches Herrschergeschlecht, durch die Zugehörigkeit zum Heiligen Römischen Reich setzte sich in Prag die deutsche Sprache als Amtssprache neben der tschechischen durch und aus Václav wurde Wenzel. Beim tschechisch sprechenden Teil der Bevölkerung hieß er nach wie vor Václav.
Am 14.05.1315 wurde in Prag der älteste Sohn des luxemburgischen König Johanns geboren, der nach seinen böhmischen Ahnen (die Mutter war Elisabeth Přemysl, Schwester Wenzel III) wiederum den Namen Wenzel (geboren als Wentscheslaw) erhielt. 1322 kam er an den Pariser Hof seines Onkels König Karl IV der Schöne von Frankreich, dort wurde er 1323 vom Papst gefirmt und bekam nach seinem Oheim den Namen Karl. Dieser Wenzel ging später als Karl IV von Böhmen in die europäische Geschichte ein.
Sein Sohn, der am 13.02.1361 geboren wurde, erhielt traditionsgemäß den Namen Wenzel und regierte später als Wenzel IV. Am 16.08.1419 ist er verstorben.
Das war somit der letzte böhmische Wenzel.